Urteile BFH - Entscheidungsvorschau

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat eine Liste mit Verfahren zusammengestellt, für die im Laufe des Jahres 2024 voraussichtlich Urteile bzw. Entscheidungen zu erwarten sind. Die bedeutendsten Fälle aus den Bereichen der Einkommensteuer, Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer zeigen wir hier.

1. Umsatzsteuer Urteile

Beitragszahlungen an ein Fitnesscenter während pandemiebedingter Schließzeiten: Es wird geprüft, ob Beitragszahlungen an ein Fitnesscenter auch dann als Entgelte für umsatzsteuerpflichtige Leistungen gelten, wenn das Fitnesscenter aufgrund einer temporären, pandemiebedingten Schließung seine Räumlichkeiten nicht zur Nutzung anbieten kann. (XI R 36 / 22 und XI R 5 / 23)

Berechnung der umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlagen für Komponenten von Sparmenüs in der Systemgastronomie: Es soll ermittelt werden, ob der Gesamtpreis für ein Sparmenü in der Systemgastronomie nach der Food-and-Paper-Kosten-Methode oder der Einzelverkaufspreismethode (auch: Marktpreismethode) aufgeteilt werden sollte, um die Besteuerung der ermäßigten Speisen und der regulär besteuerten Getränke sowie „Non-Food-Bestandteile“ korrekt vorzunehmen. (XI R 19 / 23)

Entscheidung zur Anwendung der Pauschalbesteuerung auf landwirtschaftliche Geräte: Es soll geklärt werden, ob die Pauschalbesteuerung gemäß § 24 Abs. 1 UStG für landwirtschaftliche Geräte angewendet werden kann, die bis zum Zeitpunkt des Verkaufs für umsatzsteuerpauschalierte Umsätze genutzt wurden.  (V R 3 / 21)

Entstehung einer Masseverbindlichkeit durch Vorsteuerberichtigung im Insolvenzfall: Es steht zur Entscheidung, ob im Fall der Insolvenz des Leistungsempfängers eine Masseverbindlichkeit durch Vorsteuerberichtigung entsteht, insbesondere wenn die betreffende Leistung von einer Schwestergesellschaft bezahlt wurde, für die ebenfalls ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde und eine Rückzahlung infolge einer Insolvenzanfechtung erfolgt. (V R 29 / 21)

Umsatzsteuerliche Behandlung von Haarwurzeltransplantationen: Es wird geprüft, unter welchen Bedingungen eine von einem Arzt durchgeführte Haarwurzeltransplantation bei verschiedenen Arten von Haarausfall bei Frauen und Männern als umsatzsteuerfreie Heilbehandlung gilt. (XI R 17 / 21)

Vorsteuerabzug bei einer Holding, die Darlehen vergibt: Zur Debatte steht, ob eine Holding, die ihre unternehmerische Tätigkeit durch die Vergabe von Darlehen nachweist, zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.  (V R 30 / 21)

2. Einkommensteuer Urteile

2.1 Außergewöhnliche Belastungen

Grenzwert für nicht schädliches Vermögen: Nach § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG können Unterhalts- und Ausbildungskosten für gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen oder diesen gleichgestellte Individuen nur dann steuerlich abgesetzt werden, wenn die unterstützte Person über kein oder nur ein geringfügiges Vermögen verfügt. Die Steuerbehörden akzeptieren ein Vermögen bis zu einem Betrag von 15.500 € als unbedenklich. Der Bundesfinanzhof muss nun prüfen, ob diese Grenze auch für das Steuerjahr 2019 noch gilt. (VI R 21 / 21)

Berücksichtigung von Kosten für eine In-vitro-Fertilisation als außergewöhnliche Belastung: Die unverheiratete, empfängnisfähige Klägerin hatte Ausgaben für eine In-vitro-Fertilisation, bedingt durch krankheitsbezogene chromosomale Risiken ihres Partners. Aus medizinischen Gründen wurde die Klägerin behandelt. Sie hat einen Teil der an sie gerichteten Rechnungen selbst getragen, während der Rest von ihrem Partner beglichen wurde. Es wird geklärt, ob diese Kosten nach § 33 EStG steuerlich anerkannt werden können und ob dies ebenfalls für die vom Partner bezahlten Beträge zutrifft. (VI R 2 / 22)

2.2 Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Prüfung der 1%-Regel bei einem betrieblich genutzten Fahrzeug ohne Fahrtenbuch: Es wird erörtert, welche Kriterien notwendig sind, um den typischen Nachweis der privaten Nutzung eines betrieblichen Fahrzeugs ohne Fahrtenbuch zu widerlegen, wie in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 und 3 Halbsatz 1 EStG festgelegt.  (III R 34 / 22)

Schenkung eines verpachteten Hotelbetriebs unter Vorbehalt des Nießbrauchs: Ein Vater übertrug hälftig seinen verpachteten Hotelbetrieb und das zugehörige Grundstück an seine Kinder, sicherte sich dabei zunächst den Nießbrauch. Später wurde dieser durch eine monatliche Rente an den Vater ersetzt. Die Kinder meldeten Einkünfte aus Gewerbebetrieb für das übernommene Hotel. Jahre später übertrug ein Kind seinen Anteil am Hotelgrundstück an das andere. Die Frage ist, ob diese Übertragung aufgrund der ursprünglichen Schenkung und fortbestehenden Betriebsvermögenseigenschaft ein steuerpflichtiger Verkaufsvorgang gemäß § 7 Abs. 1 EStDV (heute § 6 Abs. 3 EStG) ist. (IV R 1 / 20)

Anwendung des § 15b EStG bei endgültigen Verlusten nach Betriebsaufgabe; Berücksichtigung von Sonderbetriebsausgaben: Es wird geprüft, ob die Verlustbeschränkung nach § 15b EStG anwendbar ist, wenn die Verluste nach der Betriebsaufgabe durch den Insolvenzverwalter nicht mehr mit zukünftigen Gewinnen derselben Einkunftsquelle verrechnet werden können. Zudem wird untersucht, ob diese Regelung auf Verluste aus Sonderbetriebsvermögen anwendbar ist.  (IV R 6 / 22)

Realteilung und Sachwertabfindungen durch eigene Aktien bei Austritt aus einer Personengesellschaft: Eine GmbH & Co. KG hielt Aktien einer AG, die auch Kommanditistin war. Im Streitjahr schied die AG aus und erhielt als Abfindung entsprechende Aktien, die später ohne Kapitalherabsetzung eingezogen wurden. Es wird entschieden, ob das Ausscheiden zu einem Veräußerungsgewinn führt oder ob die Grundsätze der Realteilung anwendbar sind.  (IV R 15 und 16 / 22)

Schätzung nach den Richtsatzsammlungen: Wenn die Besteuerungsgrundlagen nicht feststellbar sind, muss das Finanzamt diese nach § 162 AO schätzen. Die Angemessenheit einer Richtsatzschätzung nach den BMF-Richtsätzen ist Gegenstand der Überprüfung.  (X R 19 / 21)

Erfassung von Betriebseinnahmen im Zeitverlauf: Nach Hinzuschätzungen in einem Gastronomiebetrieb durch das Finanzamt wird der BFH die Effekte der Manipulierbarkeit älterer Kassensysteme bewerten. Es wird auch geklärt, wann Einnahmen aus Gutscheinen bei der Gewinnermittlung zu erfassen sind.  (X R 3 / 22)

Verluste bei beschränkter Haftung nach Umwandlung einer KG in eine GmbH: Gemäß § 15a EStG werden Verluste eines Kommanditisten gesondert festgestellt. Der X. Senat prüft, ob solche Verluste auch Gewinne nach der Umwandlung in eine GmbH beeinflussen.  (X R 5 / 22)

Zeitpunkt der Aktivierung von Provisionsforderungen: Für Versicherungsvertreter ist der Anspruch auf Provision fällig, sobald die entsprechende Prämie gezahlt wird. Es wird geklärt, wann genau diese Provisionen steuerlich als realisiert gelten.  (X R 12 / 22)

2.3 Einkünfte aus Kapitalvermögen

Potenzielle verdeckte Gewinnausschüttung durch Nutzung einer Immobilie in Spanien: Die Kläger, die von 2010 bis 2012 als Alleingesellschafter zweier spanischer Kapitalgesellschaften fungierten, besaßen eine Immobilie auf Mallorca, die bis zu ihrem Umzug nach Deutschland im Jahr 2007 ihr Hauptwohnsitz war. Das Finanzamt wertete die jederzeit mögliche Nutzung der Immobilie durch die Kläger als verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe der üblichen Marktmiete. Das Finanzgericht stimmte dieser Einschätzung nur teilweise zu. (VIII R 4 / 21)

Forderungsverzicht mit Besserungsschein eines Gesellschafters zugunsten seiner Kapitalgesellschaft: Ein Gesellschafter verzichtete auf den wertlosen Teil einer Darlehensforderung zugunsten seiner Kapitalgesellschaft, was nach der Einführung der Abgeltungsteuer zu negativen Einkünften gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Satz 2 EStG führen könnte. Diskutiert wird, ob diese negativen Einkünfte bereits im Zeitpunkt des Verzichts entstehen, wenn dieser mit einem Besserungsschein verbunden ist. (VIII R 8 / 22)

Unterscheidung zwischen Einkünften aus Kapitalvermögen und nichtselbständiger Arbeit: Im vorliegenden Fall beteiligte sich ein leitender Angestellter als typisch stiller Gesellschafter an seinem Arbeitgeber. Es ist umstritten, ob diese Kapitalbeteiligung eine eigenständige Erwerbsquelle darstellt oder ob die daraus resultierenden Einnahmen und Ausgaben steuerlich direkt mit dem Arbeitsverhältnis zusammenhängen. (VIII R 10 / 22)

2.4 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft

Steuerliche Behandlung von Verlusten aus Zinsswap-Geschäften: Verluste aus derivativen Finanzgeschäften, wie Zinsswaps, können in der Regel nicht mit anderen Einkünften des Steuerpflichtigen verrechnet werden, wenn sie den Einkünften aus Kapitalvermögen zugeordnet sind (nach § 20 Abs. 6 Satz 1 EStG). Eine entsprechende Verlustverrechnungsbeschränkung fehlt jedoch für Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft gemäß § 13 EStG. Der Bundesfinanzhof muss nun klären, unter welchen Bedingungen Verluste aus Zinsswaps den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zugeordnet werden können. (VI R 11 / 22)

2.5 Einkünfte aus nicht-selbstständiger Arbeit

Teilweiser Erlass von Aufstiegs-BAföG-Darlehen nach bestandener Prüfung: Die Klägerin wurde in den Jahren 2014 und 2015 für ihre Teilnahme an einer beruflichen Aufstiegsfortbildung von der KfW mit Darlehen unterstützt. Die Kosten für die Fortbildung wurden in diesen Jahren als Werbungskosten von ihren Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit abgezogen. 2018 erließ die KfW aufgrund der erfolgreich abgelegten Prüfung teilweise die gewährten Darlehen gemäß § 13b des Gesetzes zur Förderung der beruflichen Aufstiegsfortbildung. Es muss geklärt werden, ob die Einkünfte der Klägerin aus nichtselbstständiger Arbeit um die erlassenen Darlehensbeträge erhöht werden sollen oder ob diese gemäß § 22 Nr. 3 EStG als sonstige Leistungen steuerpflichtig sind. (VI R 9 / 21)

Pauschalierung der Lohnsteuer bei Betriebsveranstaltungen: Der Arbeitslohn, der im Rahmen einer Betriebsveranstaltung gewährt wird, kann nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG mit einem Pauschalsatz von 25 % besteuert werden. Frühere BFH-Urteile erforderten, dass Betriebsveranstaltungen allen Angehörigen des Betriebs offenstehen. Seit einer gesetzlichen Neudefinition im Jahr 2015 (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG) ist jedoch umstritten, ob diese Bedingung weiterhin erforderlich ist. Der Bundesfinanzhof wird diese Frage im Verfahren VI R 5 / 22 klären. (VI R 5 / 22)

Besteuerung eines Lehramtsstudienstipendiums: Das Land Berlin vergibt Stipendien an Lehramtsstudierende, die sich verpflichten, nach Abschluss ihres Studiums drei Jahre als Lehrkräfte in Berlin zu arbeiten. Es ist zu klären, ob diese Stipendien zu steuerbaren Einkünften führen und ob sie gemäß § 3 Nr. 44 EStG steuerfrei sind. Außerdem muss beurteilt werden, ob die Vergabe dieser Stipendien eine (teilweise) Verweigerung des Abzugs von Studienaufwendungen als vorweggenommene Werbungskosten nach sich zieht. (VI R 13 / 22)

2.6 Einkünfte aus selbstständiger Arbeit

Abzugsfähigkeit von Betriebsausgaben für einen Lamborghini Aventador: Die private Nutzung eines Fahrzeugs, das zum Betriebsvermögen eines Steuerpflichtigen gehört, wird üblicherweise ohne Fahrtenbuch pauschal mit 1% des Listenpreises monatlich als betriebliche Entnahme bewertet. Allerdings greift diese Regelung nicht, wenn das Fahrzeug ausschließlich betrieblich genutzt wird. Aktuell wird über den Beweis der ausschließlichen betrieblichen Nutzung eines Luxussportwagens, hier eines Lamborghini Aventador, sowie über die Anforderungen an ein korrekt geführtes Fahrtenbuch debattiert. (VIII R 12 / 21)

Freiberufliche Tätigkeit in einer zahnärztlichen Partnergesellschaft: Eine Personengesellschaft wird nur dann als freiberuflich tätig anerkannt, wenn alle Gesellschafter die Kriterien eines freien Berufes erfüllen. Jeder Gesellschafter muss die erforderliche persönliche Berufsqualifikation besitzen und muss die entsprechende freiberufliche Tätigkeit auch tatsächlich ausüben. In dem vorliegenden Fall wird diskutiert, ob ein Mitunternehmer einer zahnärztlichen Partnerschaftsgesellschaft, der zwar approbierter Zahnarzt ist, aber hauptsächlich Organisations-, Verwaltungs- und Managementaufgaben wahrnimmt und nur in geringem Umfang direkt zahnärztliche Beratungs- oder Behandlungsleistungen an Patienten erbringt, diesen Anforderungen genügt. (VIII R 4 / 22)

2.7 Kindergeld

Kindergeldanspruch während eines freiwilligen Wehrdienstes: Gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG bleibt das Kindergeld für Kinder, die das 18. Lebensjahr bereits erreicht, aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben, unter bestimmten Voraussetzungen bestehen. Es steht zur Klärung, ob der Anspruch auf Kindergeld auch während der Zeit eines freiwilligen Wehrdienstes nach Abschluss der Grundausbildung fortbesteht. (III R 43 / 22)

2.8 Sonderausgaben

Abzugsfähigkeit von Beiträgen zur freiwilligen privaten Pflegeversicherung als Sonderausgaben: Beiträge zu einer freiwilligen privaten Pflegeversicherung können derzeit nur bis zu einem festgelegten Höchstbetrag gemäß § 10 Abs. 4, Abs. 4a EStG als Sonderausgaben geltend gemacht werden. Im vorliegenden Fall wird geprüft, ob ein unbeschränkter Sonderausgabenabzug dieser Beiträge aus verfassungsrechtlicher Sicht erforderlich ist, um das steuerlich zu schützende Existenzminimum zu gewährleisten. Dies wird insbesondere dann relevant, wenn erst durch die private Zusatzpflegeversicherung ein Leistungsniveau erreicht wird, das dem durch Sozialhilfe gesicherten Standard entspricht. (X R 10 / 20)

Erhöhte Abschreibungen für Baudenkmäler im EU-Ausland: Die steuerlichen Vergünstigungen für Baudenkmäler nach § 7i Abs. 1 Satz 1 EStG beschränken sich auf im Inland befindliche Immobilien. Ein Steuerpflichtiger fordert die Berücksichtigung dieser erhöhten Abschreibungen für ein unter Denkmalschutz stehendes Gebäude in Polen. Der X. Senat muss entscheiden, ob diese Beschränkung eine Verletzung der europäischen Grundfreiheiten, insbesondere der Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit, darstellt. (X R 19 / 22)

3. Körperschaftsteuer Urteile

Verdeckte Gewinnausschüttung durch fehlerhafte Zuweisung von Gesellschaftsanteilen: Bei einer Kapitalerhöhung einer Tochter-GmbH, finanziert durch eine Kapitaleinlage der Mutter-GmbH, wurde der neu geschaffene Gesellschaftsanteil irrtümlich und entgegen der ursprünglichen Absicht im Gesellschafterbeschluss der beherrschenden Gesellschafterin der Mutter-GmbH zugewiesen. Es ergibt sich die Rechtsfrage, ob diese fehlerhafte Vermögensverschiebung als verdeckte Gewinnausschüttung einkommenserhöhend zu bewerten ist. (I R 9 / 20)

Einfluss atypisch stiller Beteiligungen auf körperschaftsteuerliche Organschaften: Wird die steuerliche Anerkennung einer körperschaftsteuerlichen Organschaft durch das Vorhandensein einer atypisch stillen Beteiligung beeinträchtigt, da die Organgesellschaft durch die Gewinnanteile der stillen Gesellschafter nicht ihren gesamten Gewinn gemäß dem Gewinnabführungsvertrag an den Organträger abführt? Zudem stellt sich die Frage, ob die tatsächlich erfolgte Gewinnabführung, falls eine fehlerhafte Organschaft besteht, als verdeckte Gewinnausschüttung bei der Organgesellschaft anzusetzen ist, selbst wenn diese auf dem Gewinnabführungsvertrag basiert. (I R 17 / 21)

Bilanzsteuerrechtliche Behandlung von Steuernachforderungen: Sollte eine Rückstellung für Steuernachforderungen, die nicht durch Steuerhinterziehung entstanden sind, sowie für Steuerberatungskosten infolge einer Betriebsprüfung im Jahr der wirtschaftlichen Veranlassung gebildet werden, oder in dem Jahr, in dem die Betriebsprüfung den Sachverhalt aufgreift? (XI R 19 / 21)

4. Abgabenordnung / Verfahrensrecht Urteile

Zuständigkeit für die Prüfung des Steuerabzugs bei beschränkt Steuerpflichtigen: Die Frage, wer für die Anordnung und Durchführung von Außenprüfungen im Rahmen des Quellensteuerabzugs nach § 50a EStG zuständig ist – das Bundeszentralamt für Steuern, dem laut Finanzverwaltungsgesetz die Durchführung des Steuerabzugsverfahrens obliegt, oder das örtliche Finanzamt, wie es bisher gehandhabt wurde – steht zur Klärung an. Es muss auch beurteilt werden, ob eine vom örtlichen Finanzamt ausgestellte Prüfungsanordnung als "nichtig" gelten kann. (I R 21 / 21)

Änderung von bestandskräftigen Steuerbescheiden: Es steht zur Diskussion, ob ein bestandskräftiger Einkommensteuerbescheid, der auf Basis einer Einnahmen-Überschussrechnung ermittelt wurde, gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO abgeändert werden kann, wenn während einer Außenprüfung formelle Mängel in den Kassenaufzeichnungen entdeckt werden, die eine Schätzung rechtfertigen. (III R 14 / 22)

Mitteilung über das Ergebnis einer Außenprüfung als Verwaltungsakt?: Nachdem eine Außenprüfung bei einer Personengesellschaft (GbR), an der der Kläger beteiligt ist, keine Änderungen der Besteuerungsgrundlagen ergeben hatte und eine separate Prüfung beim Einzelunternehmen des Klägers zu einer Gewinnerhöhung führte, forderte der Kläger eine Anpassung der Sonderbetriebsausgaben bei der GbR. Der Bundesfinanzhof muss entscheiden, ob die Mitteilung des Finanzamtes, dass keine Änderungen bei der GbR erfolgt sind, einen Verwaltungsakt darstellt, der angefochten werden kann, um die gewünschte Änderung der Feststellungsbescheide zu erreichen. (IV R 17 / 22)

Wirksame Bekanntgabe bei Widerruf der Vollmacht innerhalb der Dreitagesfiktion: Es muss geklärt werden, ob eine wirksame Bekanntgabe an einen Bevollmächtigten erfolgt ist, wenn der Verwaltungsakt diesem innerhalb der Dreitagesfiktion des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO zugegangen ist und der Bevollmächtigte innerhalb dieser Frist den Widerruf seiner Vollmacht beim Finanzamt anzeigt. (VI R 25 / 21)

Anfechtbarkeit einer Zahlung von Arbeitslohn auf ein geliehenes Konto: Der Senat muss entscheiden, ob eine Gläubigerbenachteiligung vorliegt, wenn Arbeitslohn, der unterhalb der Pfändungsgrenzen des § 850c ZPO liegt, auf das Konto der Ehefrau des Schuldners gezahlt wird, und ob ein Zugriff nach dem AnfG aufgrund der Pfändungsschutzvorschriften der §§ 850 ff. ZPO ausgeschlossen ist. (VII R 11 / 20)

Form der Klageerhebung: Das Verfahren prüft, ob eine Rechtsanwaltsgesellschaft ab dem 01.01.2022 verpflichtet ist, Klagen elektronisch gemäß § 52d FGO einzureichen, und ob eine Klage, die nicht in dieser Form eingereicht wurde, unzulässig ist. (VII R 34 / 22)

5. Gewerbesteuer Urteile

Verlust eines Gewerbeverlustvortrags: Es muss entschieden werden, ob ein Gewerbeverlustvortrag, der ursprünglich bei einer Personengesellschaft entstand und später auf eine Kapitalgesellschaft überging, untergeht, nachdem die Kapitalgesellschaft den von der Personengesellschaft übernommenen Betrieb im Laufe des Jahres verkauft hat. (III R 30 / 21)

Hinzurechnung von Werbeaufwendungen im Gewerbesteuerrecht: Zu klären ist, ob die gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG vorgesehene Hinzurechnung von Werbeaufwendungen gerechtfertigt ist, insbesondere ob diese Aufwendungen als Miet- oder Pachtzinsen betrachtet werden können und ob die genutzten Wirtschaftsgüter als fiktives Anlagevermögen einzustufen sind. (III R 36 / 22)

Gewerbesteuerliche Kürzung bei Organkreisen: Innerhalb eines Organkreises verpachtet eine Kapitalgesellschaft mit eigenem Immobilienbestand Gebäude an eine andere Kapitalgesellschaft des gleichen Organkreises, die diese Immobilien dann weitervermietet oder -verpachtet. Es muss entschieden werden, ob und in welchem Umfang diese Transaktionen zu einer erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG bei der Organträgerin führen und ob der im Organkreis entstandene Pachtaufwand gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG hinzuzurechnen ist. (III R 41 / 22)

Klage einer Kommune gegen die Zerlegung der Gewerbesteuermessbeträge eines Pipeline-Betreibers: Eine Kommune, durch deren Gebiet eine Erdgas-Pipeline verläuft, klagt gegen die Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags des Pipeline-Betreibers. Sie fordert eine Aufteilung, die stärker den Wert der Anlagen und den Aufwand für Infrastruktur sowie die kommunalen Lasten berücksichtigt, statt primär auf die erzielten Arbeitslöhne und die Menge des abgegebenen Gases abzustellen. Es muss geklärt werden, ob die Klage zulässig ist, auch wenn die Kommune die Auswirkungen einer geänderten Zerlegung nicht quantifizieren kann. (IV R 2–4 / 21)

Gewerbesteuerzerlegung bei Betrieb eines Offshore-Windparks: Es wird über die Rechtmäßigkeit der Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags einer Personengesellschaft gestritten, die einen Windpark auf gemeindefreiem Gebiet innerhalb der Zwölf-Seemeilen-Zone betreibt. Ohne Arbeitslöhne gezahlt zu haben, wurde der Gewerbeertrag der Gesellschaft aufgeteilt zwischen der Gemeinde, in der die Geschäftsleitung ansässig ist, und dem Bundesland, in dessen Küstengebiet der Windpark liegt. Der Bundesfinanzhof muss entscheiden, ob das Bundesland berechtigterweise als „weitere hebeberechtigte Gemeinde“ gilt, die Gewerbesteuer erheben darf. (IV R 5 / 22)

6. Grunderwerbsteuer Urteile

Anwendung von § 6a GrEStG bei der Ausgliederung von Vermögensteilen: § 6a GrEStG bietet eine Steuerbefreiung für Umstrukturierungen innerhalb eines Konzerns. Der Bundesfinanzhof wird in diesen beiden Verfahren prüfen, ob diese Steuerbefreiung auch auf Fälle zutrifft, in denen Vermögensteile von einem Rechtsträger auf andere bestehende oder neu gegründete Rechtsträger übertragen werden. (II R 2 / 22 und II R 31 / 22)

Steuerliche Behandlung nachträglich vereinbarter Sonderleistungen beim Immobilienerwerb: Der Bundesfinanzhof muss entscheiden, ob nachträglich vereinbarte Sonderleistungen mit einem Bauträger für ein noch zu errichtendes Gebäude als grunderwerbsteuerpflichtige Gegenleistung gelten. (II R 15 / 22 und II R 18 / 22)

Anwendung des § 6a GrEStG auf Abspaltungsvorgänge bei Neugründungen mit Personenidentität: § 6a GrEStG sieht eine Steuerbefreiung für bestimmte Umwandlungsvorgänge vor. Der Bundesfinanzhof wird klären, ob diese Vorschrift auch Anwendung findet, wenn die neugegründete Gesellschaft nicht an der ursprünglichen Gesellschaft beteiligt ist, jedoch die Personenidentität der Beteiligten gegeben ist. (II R 56 / 22)

7. Erbschaft- und Schenkungsteuer Urteile

Besteuerung einer Vermächtnisschuld unter der Jastrow'schen Klausel: Die Jastrow'sche Klausel wird bei der gegenseitigen Erbeinsetzung von Ehegatten angewendet, wobei Pflichtteilsberechtigte, die nach dem Tod des erstversterbenden Ehepartners ihren Pflichtteil nicht fordern, ein aufschiebend bedingtes Geldvermächtnis bis zum Tod des zuletzt versterbenden Ehepartners erhalten. Es ist zu klären, wie dieses Vermächtnis besteuert wird und ob sich die Vermächtnisschuld steuermindernd auf das erwerbende Kind auswirkt. (II R 34 / 20)

Einordnung eines Parkhauses als nicht begünstigtes Verwaltungsvermögen: Der Bundesfinanzhof muss entscheiden, ob die Bereitstellung von Parkplätzen in einem Parkhaus als Nutzungsüberlassung von Grundstücksteilen an Dritte anzusehen ist und somit das Parkhaus als nicht begünstigtes Verwaltungsvermögen gemäß § 13b Abs. 4 Nr. 1 ErbStG gilt. (II R 27 / 21)

Billigkeitserlass von Erbschaftsteuer: Der Bundesfinanzhof ist gefordert zu prüfen, ob eine festgesetzte Erbschaftsteuer aus Billigkeitsgründen erlassen werden sollte, falls dem rechtmäßigen Erben aus dem Nachlass keine Vermögenswerte mehr zufließen, weil diese bereits von Scheinerben verbraucht wurden. (II R 1 / 22)

Freibetrag für den Abkömmling eines auf das Erbrecht verzichtenden Elternteils: Im Erbschaftsteuerrecht erhalten Enkel einen Freibetrag von 200.000 €, der auf 400.000 € erhöht wird, wenn der Elternteil, durch den die Verwandtschaft zum Erblasser besteht, bereits verstorben ist. Der Bundesfinanzhof muss entscheiden, ob diese Regelung auch dann anwendbar ist, wenn der betreffende Elternteil noch lebt, aber auf sein gesetzliches Erbrecht verzichtet hat. (II R 13 / 22)

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